Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Entschädigung und/oder Genugtuung

Das Opfer einer Straftat hat Anspruch auf eine Genugtuung, wenn die Schwere der Beeinträchtigung es rechtfertigt. Der Anspruch auf Genugtuung besteht unabhängig von den finanziellen Verhältnissen. Eine Genugtuung ist eine Leistung, die den sogenannten immateriellen Schaden decken soll (z.B. psychische Leiden, erlittene Ängste und Schmerzen). Zudem hat das Opfer bei Beeinträchtigungen der körperlichen, psychischen oder sexuellen Integrität Anspruch auf eine Entschädigung. Eine Entschädigung ist eine Leistung, die zur Deckung eines materiellen Schadens ausgerichtet wird (z.B. Erwerbsausfall, Versorgungsschaden, Bestattungskosten). Nicht vergütet werden reine Sach- oder Vermögensschäden. Die Entschädigung ist abhängig von den finanziellen Verhältnissen des Opfers.

Vorschuss auf Entschädigung

Wenn das Opfer sofortige finanzielle Hilfe benötigt und die Folgen der Straftat kurzfristig nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden können, kann ein Gesuch um Vorschuss auf Entschädigung gestellt werden.

Subsidiarität

Die Leistungen sind grundsätzlich subsidiär, d.h. sie werden nur erbracht, wenn kein anderer Kostenträger dafür aufkommt. Das Opfer muss jeweils glaubhaft machen, dass es keine oder ungenügende Leistungen von Dritten (Täter/innen, Versicherungen, Krankenkassen, usw.) erhalten kann (vgl. Art. 4 OHG).

Zuständigkeit

Zuständig für die Beurteilung von Entschädigungs- und Genugtuungsgesuchen ist der Kanton, in dem die Straftat verübt wurde, also der Tatortkanton.

Fristeneinhaltung

Um einen Anspruch geltend machen zu können, müssen die Gesuche innert folgender Frist eingereicht werden (Art. 25 OHG):

1. Ordentliche Frist

Entschädigungs- und Genugtuungsforderungen müssen innert fünf Jahren nach der Straftat oder nach Kenntnis der Straftat bei der zuständigen Behörde des Kantons, in dem die Straftat verübt worden ist, angemeldet werden (Art. 25 Abs. 1 OHG). Danach besteht kein Anspruch mehr.

2. Sonderregelungen

Einige Delikte an Kindern unter 16 Jahren lösen eine Frist bis zum vollendeten 25. Altersjahr aus (Art. 25 Abs. 2 OHG). Dazu gehören u.a.:

  • Vorsätzliche Tötung (Art. 111 des Strafgesetzbuches [StGB])
  • Mord (Art. 112 StGB)
  • Totschlag (Art. 113 StGB)
  • Schwere Körperverletzung (Art. 122 StGB)
  • Sexuelle Handlungen (Art. 187 StGB)
  • Sexuelle Nötigung (Art. 189 StGB)
  • Vergewaltigung (Art. 190 StGB)
  • Förderung der Prostitution (Art. 195 StGB)

Die gleiche Frist gilt bei sexuellen Handlungen mit Kindern über 16 Jahren, die vom Täter oder der Täterin durch ein Erziehungs-, Betreuungs- oder Arbeitsverhältnis oder auf andere Weise abhängig sind (Art. 188 StGB).

3. Zusätzliche Frist bei einem Adhäsionsverfahren

Schliesslich können Opfer, die ihre Zivilansprüche vor Ablauf der opferhilferechtlichen Verwirkungsfrist im Strafverfahren geltend gemacht haben, auch noch innert eines Jahres nach endgültigem Entscheid über die Zivilansprüche oder über die Einstellung des Verfahrens ein Gesuch um Entschädigung oder Genugtuung einreichen (Art. 25 Abs. 3 OHG).

Straftaten vor dem 1. Januar 2007

Ansprüche auf Entschädigung oder Genugtuung für Straftaten, die vor dem 1. Januar 2007 verübt worden sind, müssen innert zwei Jahren nach der Straftat bei der zuständigen Behörde des Kantons, in dem die Straftat verübt worden ist, angemeldet werden. Danach besteht kein Anspruch mehr (Art. 16 Abs. 3 aOHG).

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